
Der Schriftsteller und Journalist Peter Richter, 1973 in Dresden geboren, arbeitete lange Jahre in New York als Korrespondent für die Süddeutsche Zeitung und fürs Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. In seinem autobiografischen Roman 89/90 beschreibt Richter die Wendezeit aus der Sicht eines Sechzehnjährigen – temporeich, witzig und äußerst erhellend. Man erfährt eine Menge über die verschiedenen DDR-Jugendkulturen, die Anarchie der Wendezeit, die Kämpfe, die Orientierungslosigkeit, die Aufbruchsstimmung und die nachfolgende Ernüchterung. Glänzend geschrieben und ein Muss für alle, die sich für die Geschichte des Untergangs der DDR interessieren.
Das Lebensgefühl einer rebellischen Generation am Ende der DDR
Sie sind der letzte Jahrgang, der noch alles mitmachen darf – damals in Dresden vom Sommer vor der Wende bis zur Wiedervereinigung: die lauen Freibadnächte und die Ausweiskontrollen durch die »Flics« auf der »Rue«, die Konzerte im FDJ-Jugendklub »X. Weltfestspiele« oder in der Kirche vom Plattenbaugebiet, wo ein Hippie, den sie »Kiste« nennen, weil er so dick ist, mit wachsamem Blick Suppe kocht für die Punks und ihre Pfarrerstöchter. Sie sind die Letzten, die noch »vormilitärischen Unterricht« haben. Und sie sind die Ersten, die das dort Erlernte dann im Herbst 89 erst gegen die Staatsmacht anwenden. Und schließlich gegeneinander. Denn was bleibt dir denn, wenn du zum Fall der Mauer beiträgst, aber am nächsten Tag trotzdem eine Mathe-Arbeit schreiben musst, wenn deine Freundin eine gläubige Kommunistin ist und die Kumpels aus dem Freibad zu Neonazis werden?